Die Enkel greifen nach den Sternen
22.03.2017 — Mehr als 40 Jahre nach der Wiedervereinigung gehört Vietnam zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften. Spürbar steigt der Lebensstandard der meisten der rund 90 Millionen Einwohner. Serviceplus hat sich auf die Suche nach Zeichen dieses neuen Wohlstandes gemacht.
An Huynh Thien Nhons rechtem Handgelenk blinkt es. Der Geschäftsführer zeigt auf seinen Activity Tracker. Diese Neuheit des Schmuckherstellers Swarovski überwacht seine täglichen Schritte, die verbrauchten Kalorien und sogar das Schlafverhalten. Der große schwarze Kristall dafür wird in Österreich hergestellt; die Montage erfolgt bei Swarovskis Tochterfirma Marigot Vietnam LLC, mit Sitz im Amata Industrial Park nahe Ho Chi Minh City (HCMC). Wegen seiner strategisch günstigen Lage am Highway No. 1, der den Süden mit dem Norden Vietnams verbindet, haben sich auch Nestlé oder YKK für Amata entschieden.
Über 1.500 Menschen arbeiten hier für Marigot, überwiegend junge Frauen. Jobs in der Industrie sind heiß begehrt, da gut bezahlt; Geld, mit dem die Jugend ihren Konsum-Nachholbedarf an Markenprodukten stillt. Sie trifft sich in den neuen Café-Shops der Stadt, legt Wert auf gute Kleidung und orientiert sich beim Lebensstil an den USA und Europa.
Ich treffe Nhon in der Verwaltungsetage, die ebenso in Berlin oder New York aussehen könnte, mit den Hochglanzmöbeln, den Gesprächsecken und dem Porträt des Firmengründers Daniel Swarovski. Nhons Vision ist die einer „glücklichen Fabrik“, erzählt er im Interview. Nach der Erteilung der Lizenz 2011 und dem Erwerb eines Baugrundstückes begann im Herbst 2012 der Bau, um nach nur zehn Monaten die erste Produktlieferung nach Europa zu senden. „Ein Rekord bei Swarovski“, sagt er. Seit 2014 hat Marigot Vietnam volle Fahrt aufgenommen und 2016 über 3,6 Milliarden Schmuckstücke produziert. Schmuck unterliegt wie Mode kurzen Zyklen; jede Saison erwarten die Käufer neue Produkte. Weil die vietnamesische Tochtergesellschaft klein, „noch jung und voller Energie“ sei, teste Swarovski hier neue Ideen, zum Beispiel neue Produktionsprozesse.
Das Entwicklerteam – auch er selbst – stammten aus ganz anderen Bereichen, wie der Elektronik-, Automotive- oder der Schuhindustrie. Das ermögliche ihnen einen frischen Blick auf die Dinge, erzählt der Werksleiter. Was sich bewährt, wird auch im „großen Schiff“, der Schwestergesellschaft im Nachbarland Thailand mit sechs Werken, umgesetzt.
Marigot Vietnam wächst auch stetig: Der erste Bauabschnitt für die nächste Fabrik ist abgeschlossen, Fabrik 3 und 4 existieren bereits auf Plänen. Strikte Vorgaben zum Umgang mit den natürlichen Ressourcen, LED-Lampen und Pläne, Sonne als Energiequelle zu nutzen: Marigots Nachhaltigkeitsprogramm bleibt in Vietnam die Ausnahme.
Bald wird die vorhandene Küche nicht mehr ausreichen, die wir nach dem Interview besuchen. Die zweite ist bereits angelegt und kann bei Bedarf schnell in Betrieb genommen werden. Huynh Thien Nhon möchte „etwas anders machen“, damit sich die Mitarbeiter wohl fühlen. Dazu gehört auch die Verpflegung am Arbeitsplatz. Eine Kantine unter freiem Himmel, überdacht natürlich, aber nach allen Seiten offen, sodass trotz der 35 Grad Mittagstemperatur ein angenehmes Lüftchen weht. Frische Luft nach den Stunden am klimatisierten Arbeitsplatz.
Die Digitaluhr über der Ausgabe zeigt 11 Uhr, als die erste Gruppe eintrifft: die Mitarbeiter in den hellblauen Hemden. Jede Farbe steht für die Zugehörigkeit zu einem Produktionsbereich. In nur eineinviertel Stunden frequentieren rund 1.600 Tischgäste die Ausgabe. Im Baukastensystem stellen sie sich ihre Mahlzeit zusammen, aus Reis, Fisch, Fleisch, verschiedenen Gemüsen sowie Phở, dem nationalen Heiligtum in Gestalt einer Nudelsuppe. Eine Idee von Huynh Thien Nhon: Jeden letzten Freitag im Monat gibt es ein besonders hochwertiges Essen, und unter zufällig ausgewählten Tabletts kleben Sticker, die man gegen ein Geschenk eintauschen kann. Marigot trägt die Kosten für die Mitarbeiterverpflegung, die im August 2016 Dussmann Service übernommen hat. Essen sei eines der sensiblen Themen für die Belegschaft, sagt der Werksleiter. Swarovski sei ein Premium-Produkt, die Strategie „Spirit 2010“ enthalte das Commitment, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, und beides solle auch für die Verpflegung gelten. „Wir versuchen, ihnen besseres Essen als zuhause zu bieten. Sie sollen sich wie im zweiten Zuhause fühlen. Gutes Essen führt zu guten Produkten“, stellt er den Zusammenhang her. Der vorherige Dienstleister hätte diese Erwartungen nicht erfüllt, und so hätte er sich auf die Suche nach einem neuen gemacht. „Wir suchten keinen Lieferanten, sondern einen Partner, mit dem wir langfristig zusammenarbeiten und einander zuhören können“, sagt Nhon.
Neben dem Ausdruck von Mitarbeiterwertschätzung spielt die Verpflegung am Arbeitsplatz auch aus anderen Gründen eine so große Rolle: In der Industrie kommt es besonders auf Hygiene und Effizienz an. Wer zum Mittagsessen das Werk verlässt, trägt unter Umständen Keime an seinen Arbeitsplatz oder kommt vielleicht zu spät.
Ein krümelfreier Arbeitsplatz
Ein weiteres Unternehmen am Standort, nur ein paar Straßen weiter: ein großer amerikanischer Halbleiterhersteller. Rund 2.300 Beschäftigte bauen und testen hier Hybrid-integrierte Schaltkreise und Power Discretes. Wegen der geforderten extremen Reinheit der Umgebungsluft dieses Industriezweiges hat sich der Kunde für die Anlieferung von Mahlzeiten entschieden. Eine Speisenproduktion vor Ort würde, so nah an der Chip-Produktion, zu viele Partikel verursachen. Auf Brot wird verzichtet; ein Krümel könnte sich in die Arbeitsbekleidung verirren, die die Mitarbeiter während ihrer Pause in einer blauen Tasche bei sich tragen, und eine ganze Produktionscharge vernichten.
Seit einem Jahr liefert Dussmann Service aus der Zentralküche täglich frisch über den Highway No. 1 die Mahlzeiten in das Restaurant im Design von Dussmann Delightful. Jason Nguyen verantwortet auf Kundenseite die Disziplin und Sicherheit am Arbeitsplatz. Er achtet beispielsweise darauf, dass die Speisen für die Nachtschicht besonders leicht zu verzehren sind. Schließlich seien die Arbeiter dann müde, sagt er. Bildschirme im Mitarbeiterrestaurant zeigen Beispiele für unsichere Arbeitssituationen. Strenge Handhygiene nach dem Essen gilt allen als oberste Pflicht.
Catering für die wachsende Tourismusindustrie
Ab 1.100.000 Dong, umgerechnet 40 Euro, von Ho Chi Minh City nach Bangkok fliegen? Das geht, mit Vietjet Air, der ersten privaten Fluggesellschaft Vietnams. Sie fliegt auch in weitere Länder Asiens. Für 110.000 Dong buchen Passagiere eine warme Mahlzeit hinzu; ein Service, den täglich rund 800 Fluggäste nutzen. Wohlwissend, dass der Tourismus im Aufwind ist und bleiben wird, gewann Dussmann frühzeitig Airlines als Kunden seiner 2012 eröffneten Zentralküche.
Ihre fast 30 Mitarbeiter produzieren rund 3.500 Mahlzeiten pro Tag. Inzwischen sind Kunden aus anderen Branchen hinzugekommen; für jeden Kunden arbeitet ein festes Team, das die besonderen Anforderungen des Auftraggebers genau kennt. Bei den Airlines zum Beispiel kommt es nicht nur auf grammgenaue Portionierung an; auch die Anordnung der einzelnen Komponenten in der Alu-Schale ist vorgegeben.
Die Küche ist nach HACCP zertifiziert. Das bedeutet strengste Qualitätskontrolle von der Warenanlieferung bis zur -auslieferung. „Das Allerwichtigste: die Handdesinfektion“, sagt – auf Deutsch – die Leiterin des Qualitätsmanagements bei Dussmann Vietnam, Nguyen Thi Ngoc Diep, „sagen Sie ruhig Ms. Diep“. Ihre Kompetenz hat sie nicht nur beim staatlichen Hygieneinstitut, sondern auch beim Studium der Ernährungswissenschaften in Deutschland gelernt. Im Portionierungsraum tragen die Mitarbeiter Handschuhe, Kittel, extra Schuhe, Kappe und Mundmaske. „Das ist fast ein Reinraum“, schmunzelt Ms. Diep. In den Alu- Schalen werden die Mahlzeiten mindestens 15 Stunden bei –3 bis –5 Grad Celsius eingefroren und am nächsten Morgen an die Airlines ausgeliefert. Ein Notstromgenerator sichert auch bei Stromausfällen die Kühlkette.
Die Dussmann-Standards müssen anderswo in Vietnam noch etabliert werden. Kritische Prüfergebisse werden im Internet veröffentlicht. Und kürzlich widmete das nationale Fernsehen dem Premierminister eine Live-Sendung, als dieser in Restaurants und bei lokalen Cateringunternehmen Speisen verkostete. Zarte Versuche der Regierung, für mehr Hygiene und sicheres Essen zu sorgen und so das nationale Gesundheitswesen zu verbessern.
Mehr Service für die wachsende Mittelschicht
Wer es sich in Vietnam leisten kann, wählt bei Herz- oder anderen medizinischen Problemen ein privates Krankenhaus wie das Tam Duc Cardiology Hospital. Mit 80.000 ambulanten und stationären Konsultationen im Jahr ist es ein eher kleines, aber erfolgreiches Haus, als AG geführt. Das Haus nimmt am humanitären Projekt „Mit der Liebe verbinden“ teil, das in zentralen Provinzen des Landes kostenfreie Arztbehandlungen anbietet, mit dem Ziel, verarmten ländlichen Gegenden zu helfen. Wir treffen den Klinikdirektor und die Personalchefin, die vor einem guten halben Jahr Dussmann Service für die Reinigung und Klinikhygiene verpf lichtet haben. Dussmann besitzt Renommee, denn als erstes Unternehmen importierte es Reinigungstechnik und -chemie aus Deutschland. Die Reinigung in Kliniken unterliegt der Kontrolle des Gesundheitsministeriums; in allen anderen Branchen verfügt Vietnam über keine Standards oder Evaluierungsprozesse. Mit seiner weltweiten Erfahrung und einheitlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen kann Dussmann da doppelt punkten. „So weit sind wir zufrieden mit unserer Wahl“, sagt die Personalchefin.
PS: Als alle Mahlzeiten des Tages gekocht, verpackt und geliefert sind, bittet Ms. Diep am kleinen Schrein der Zentralküche um Gesundheit und Glück. Am 1. und 15. des Mondkalenders ehren Vietnamesen so ihre Ahnen. Und für heute Abend erwartet Vietnam einen Super-Mond – die Himmelsscheibe erscheint dann um 30 Prozent größer, weil sie der Erde näher als 367.607 Kilometer kommt. Über 70 Jahre her ist der letzte so riesige Supermond. Auf der Rückfahrt steht er über dem Saigon-Fluss.
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