Verschwommenes Bild von einem Gebäude mit Schriftzug Story

Konzentration auf eigene Kernkompetenzen

22.07.2015 — Prof. Dr. rer. oec Markus Thomzik lehrt und forscht seit 2005 im Fachbereich Maschinenbau und Facilities Management an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. Er ist zugleich Forschungsprofessor am Institut für angewandte Innovationsforschung e.V. der Ruhr-Universität Bochum. 2002 wurde er zum Dr. rer. oec. promoviert mit dem Thema "Rationalisierungspotenziale von Systemleistungen dargestellt am Beispiel des Facility Management-Konzeptes". Im Auftrag des deutschen Branchenverbands GEFMA erarbeitete er 2010 federführend die erste verlässliche Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der FM-Branche. 2014 folgte eine Neuauflage der Erhebung.

Herr Professor Thomzik, Sie haben im vergangenen Jahr die Neuauflage Ihrer Studie zur FM-Branche vorgestellt. Was sind Ihre drei wichtigsten Erkenntnisse? 

Mit unseren Ergebnissen zeigt sich erstens, dass die FM-Branche mit einer Bruttowertschöpfung von 130 Milliarden Euro und einem Anteil von 5,42 Prozent am Bruttoinlandsprodukt eine Stütze der deutschen Wirtschaft ist. 2010 waren es noch 112 Milliarden und 5,03 Prozent. Zum zweiten ist sie mit jährlichen Wachstumsraten von 4 Prozent gleichzeitig eine mehr als stabile und krisenresistente Schlüsselbranche in Deutschland. Und last but not least: Der Anteil der Erwerbstätigen konnte selbst in konjunkturell schwierigen Zeiten überdurchschnittlich zulegen: Knapp 11 Prozent der Erwerbstätige sind mittlerweile im Facility Management tätig; 10 Prozent in 2010.

Welches Bild zeigt die Branche? 

Die Facility Management-Branche gilt mittlerweile als etabliert, wird jedoch vielfach unterschätzt. Hier zeigt sich ein Dilemma: Sie ist in ihren Leistungen so breit gefächert und kleinteilig strukturiert, dass ihre volkswirtschaftliche Bedeutung nur selten in Politik, Presse oder der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Die Branche gilt zudem aufgrund des hohen Anteils an 400-Euro-Jobs nicht als sonderlich „sexy“ und im Vergleich zu den vermeintlichen Stars der deutschen Wirtschaft zumindest bislang auch als recht exportschwach. Hier stecken noch Entwicklungsreserven, um das Bild der Branche weiter zu schärfen und zu profilieren. 

Kernaufgabe des Facility-Managements ist die Entlastung des Kunden von Sekundäraufgaben. Welche Aufgaben sehen Sie auf die Branche in den nächsten Jahren zukommen? 

Jetzt könnte ich mit den üblichen Verdächtigen antworten: Nachhaltigkeit, Building Information Modeling (BIM), Betreiberverantwortung, Internationalisierung etc. Aus meiner Sicht gilt es jedoch vielmehr auf Unternehmensseite, endlich innovative Konzepte für die Dienstleistungsteuerung zu entwickeln. Outsourcing ist kein Allheilmittel oder Selbstläufer. Auf Seite der FM-Dienstleister sind die unterstützenden Prozesse passgenau(er) an den Anforderungen der primären Aktivitäten des Auftraggebers auszurichten. Als nächstes muss dann gemeinsam daran gearbeitet werden, die strategische Relevanz des FM respektive den wirklichen Wertschöpfungsanteil durch aussagefähige KPIs nachzuweisen. Damit würde man vielleicht endlich von dieser kostengetriebenen (Nicht-)Wertschätzung des FM wegkommen. Unterschätzt werden die Probleme der Personalgewinnung. Dafür muss die Attraktivität der beruflichen Aufgaben insgesamt unbedingt gesteigert werden. Wer möchte schon als gut ausgebildeter Ingenieur in der Besenkammer eines Konzerns die wenig beachteten Sekundärprozesse verantworten, wenn er sich stattdessen für die Entwicklung des Automobils feiern lassen kann, das nebenan im Scheinwerferlicht vom Band läuft? Die Dienstleister haben es hier mit den Entwicklungsperspektiven für junge Fach- und Führungskräfte vermeintlich einfacher, müssen aber auch ihre Hausaufgaben machen. Dabei sind neue Wege wie beispielsweise ausbildungsintegrierte duale Studiengänge zu nutzen, um bislang wenig erreichte Zielgruppen für das FM anzusprechen. 

Wie müssen sich die Facility-Management-Dienstleister aufstellen, um die Anforderungen zu erfüllen? 

An der Schnittstelle zum Kunden sind echte Qualitätsverbesserungen zu fokussieren. Die vielerorts vorgeschobene DIN ISO 9000 ff. bedeutet oft „nur“ (noch?) eine formale Zulassungsbedingung zu Ausschreibungsverfahren, ohne damit den originär intendierten Verbesserungsprozess wirklich verfolgen zu wollen oder zu können. Kümmert euch um die Kundenprobleme von morgen ohne Alibi-Aktionismus. Aber auch intern liegen nach unseren Analysen immense Potentiale, die in vielen produzierenden Bereichen außerhalb des FM längst gehoben sind: die Vermeidung von Verschwendung in den (internen) Prozessen. Die Frage, welche (Teil-)Prozesse der Facility Services keinen wirklichen Mehrwert bringen, wird im Tagesgeschäft des Regelbetriebes leider allzu oft nicht gestellt. Und mehr noch: auch erkannte Probleme unproduktiven Arbeitens werden häufig nicht abgestellt. „Werte ohne unnötige Verschwendung schaffen“ – welche Leitlinie wirtschaftlichen Handelns könnte besser in unsere Zeit passen, in der der verschwenderische Umgang mit knappen Ressourcen immer häufiger beklagt wird. So könnte übrigens auch jenseits der „Lamenti“ über die negativen Preisspiralen wieder (mehr) Geld verdient werden. 

In der Vergangenheit wurden die technischen, infrastrukturellen und kaufmännischen Gebäudeservices häufig getrennt angeboten und beauftragt. Immer stärker ist jedoch ein Trend zu integrierten Services zu beobachten, den sogenannten System-Dienstleistungen. 

Ehrlich gesagt bin ich da leidenschaftslos, in welchen organisatorischen Ausgestaltungen und unter welcher Flagge die Leistungen erbracht werden. Es geht insgesamt um eine intelligente Integration von sekundären Leistungsbeiträgen zur Mehrung des (internen) Kundennutzens. Hier rate ich aber allen Beteiligten mit Ursprungskompetenzen in Teilbereichen: Nicht was man soll, sondern was man realistischerweise (entwickeln) kann, bestimmt den Erfolg von Morgen! 

Sie forschen und beraten auch im Bereich Innovationsmanagement. Welche Empfehlungen können Sie Unternehmen geben, die FM-Aufgaben zu bewältigen haben? 

Wir werden auch künftig in unserer Branche eher viele schrittweise Verbesserungen des Status Quo und hin und wieder auch mal radikale Neuerungen beobachten können. Es scheint zurzeit aber modern zu sein, gleich über Innovationen zu reden. Berater, aber auch Manager, Chefredakteure, Verbandsvertreter und Veranstalter von Messen und Fachtagungen beschwören Innovationen als Garant für die Entwicklung unserer Branche. Innovation - was immer darunter verstanden wird - wird zur Pflicht. Und selbst der Facility Service-Anbieter, der in einem klassischem Feld erfolgreich ist und Arbeitsplätze schafft, gerät unter Rechtfertigungszwang. Wenn aber tatsächlich „echte“ Innovationen anstehen, weichen die Bekenntnisse zur Veränderung allzu oft der Angst um die eigene Position. Denn dann wird klar, dass man bestehende Strukturen und Prozesse in Frage stellt, dass der Verlust lieb gewordener Privilegien droht, dass Bereiche aufgegeben werden müssen, in denen man kompetent war. 

Manchmal bleibt ja auch im Tagesgeschäft einfach zu wenig Luft für kreative Gedanken. 

Das stimmt. Unter dem Druck von Downsizing oder Outsourcing laufen Unternehmen Gefahr, sich in einen Zustand höchster Effizienz, aber auch höchster innovatorischer Inkompetenz hineinzumanövrieren. Die „Schlankheitskur“ im Routinebereich führt dann zu einer „Magersucht“ im Innovationsbereich. Wer aber, um im Preiswettbewerb der FM-Branche zu bestehen, im Innovationswettbewerb gar nicht an den Start geht, wird in Zukunft kaum erfolgreich sein können. Auf der Suche nach einem Ausweg und in der Hoffnung auf Patentrezepte für Innovationen wenden sich viele Unternehmen an Berater, geben Trendstudien und Benchmarkingprojekte in Auftrag. Die Folge: Alle folgen aufgrund der gleichen Datenlage identischen Modeströmungen. Das führt nicht zu der angestrebten Innovationsführerschaft, sondern vielmehr zu höchster Wettbewerbsintensität. Echte Differenzierung von der Konkurrenz schafft man so nicht. Jeder ist daher gut beraten, sich selbst zu orientieren und Entwicklungspfade zu erschließen, die mit den aktuell verfügbaren oder entwickelbaren Kompetenzen des Unternehmens beschritten werden können. 

Sie bilden an der Westfälischen Hochschule zukünftige Facility Manager aus. Was sind die wichtigsten Punkte, die Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg geben? 

Nehmt die hoffentlich guten Grundlagen aus Ausbildung oder Studium und taucht möglichst frühzeitig über Praktika und Werkstudententätigkeiten damit in die Branche ein. Denn um handlungsfähig zu werden, muss man zusätzlich zum erlernten Wissen Erfahrungswissen aufbauen, was viel wichtiger ist. Schwimmen lernt man ja auch nicht auf der Schulbank, sondern im Wasser! Neben dieser sogenannten Handlungsfähigkeit, dem Können, benötigt man dann zweitens die Handlungsbereitschaft. Es gehört schon etwas Selbstmotivation dazu, um in den Strukturen des FM erfolgreich zu werden. Und zu guter Letzt: Der beruflich qualifizierte Mitarbeiter wird langfristig kaum einen Leistungsbeitrag in einem FM-Unternehmen erbringen, wenn er nicht gleichzeitig gesund bleibt. Darum achtet auch auf eure Employability. Hier muss zwar auch das Unternehmen einen Beitrag leisten. Maßgeblich ist aber das eigene Gesundheitsverhalten, der eigene Lebensstil bleibt entscheidend. 

 Vielen Dank für das Gespräch!

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